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Selbstregulation im Konflikt

In dieser Podcast-Episode geht es um eine gewinnbringende Haltung in Konflikten, denn alles beginnt bei mir. Selbstregulation, Reframing, Kommunikation und der Blick auf die eigene Landkarte.

Ich bin Hergen Sasse, Autor, Konflikt- und Kommunikationstrainer und möchte dir helfen, Konflikte mit mehr Leichtigkeit zu meistern.

Meine Weiterbildung „Konfliktlöser:in – Mentor:in für Konfliktmanagement“ findest du unter: www.sozialundstark.com/konfliktloeserin

Du kannst die Folge auch hier auf Spotify hören oder hier auf Apple Podcasts.

Konfliktfreie Kommunikation

Ich sehne mich nach Regeln im Umgang miteinander, die nicht wissenschaftlich in den Kontext der Zeit eingeordnet werden müssen. Etwas, das alle Zeiten überdauert und die Verbindung zwischen Menschen als etwas Greifbares erklärt, das keiner Korrektur, keiner Neuauflage durch neue Erkenntnisse bedarf.

Im diagnostischen Miteinander, davon bin ich überzeugt, werden wir immer wieder zu neuen Erkenntnissen gelangen, die heutige Diagnosen erweitern oder widerlegen. Aber ich möchte das Miteinander nicht mit diagnostischen Begriffen verstehen wollen: „Sie ist eine Narzisstin“. Oder „Er hat eine Bindungsstörung, das erklärt sein Verhalten“. Bitte verstehe mich nicht falsch. Diagnosen können helfen, Verhalten einzuordnen. Aber ich glaube nicht, dass Diagnosen die Grundlage dafür sind, eine tiefe Verbindung zu einem anderen Menschen aufzubauen.

Dazu ein Gedanke:

„Eine Landkarte ist nicht die Landschaft.“ (Korzybski)

Unsere innere Landkarte des Lebens kann uns helfen Dinge einzuordnen, aber sie wird niemals die Komplexität des Lebens selbst erfassen, wenn wir uns auf Worte und Gedanken verlassen, um das Leben zu erklären. Wir werden das Leben nicht wahrnehmen, wenn wir, gefangen in unseren Diagnosen, alles, was geschieht, bewerten und mit unserer Landkarte vergleichen. Wir werden nicht verstehen, denn was nicht auf unserer Landkarte ist, kann nicht existieren. Es soll ja Autofahrer:innen gegeben haben, die sich so sehr auf ihre digitale Landkarte (Navi) verlassen haben, dass sie in einen See gefahren sind. Die Karte zeigte hier eindeutig eine Straße, die es offensichtlich nicht (mehr) gab.

Rosenberg sagte dazu: „Eine Landkarte kann niemals die Schönheit einfangen, die ein Mensch in jedem Moment ausstrahlt.“

Für mich heißt das: Wenn ich mein Gegenüber wirklich verstehen will, wenn ich das Leben verstehen will, dann sollte ich meine Landkarte immer mal wieder zur Seite legen und achtsam sein für das, was vor mir liegt, bevor ich den nächsten Schritt mache. Das bedeutet auch, meine Sicherheit ein Stück weit aufzugeben und mich auf einen Weg zu begeben, dessen Ziel ich nicht kenne. Ein Abenteuer, das dazu führen wird, dass jeder Kontakt mit einem Mitmenschen in mir Veränderung ermöglicht. Hierfür braucht es Mut und die Bereitschaft, meine individuelle Wirklichkeit loszulassen und mich ganz auf mein Gegenüber einzulassen. Dieser Prozess des Verstehens bedeutet keineswegs, dass ich mit dem, was mein Gegenüber von sich gibt, einverstanden sein muss. Gleichzeitig ermöglicht dieser Ansatz tieferes Verständnis.

Wenn ich mir vorstelle, wie anders unsere Welt sein könnte, wenn wir unsere Landkarten öfter mal beiseite legen und uns einfach auf unser Gegenüber einlassen würden, ohne innerlich zu vergleichen, zu verurteilen und Zuschreibungen zu suchen, dann bin ich mir sicher, dass wir einen Großteil der heutigen Konflikte nicht erleben und durchleben müssten.

In diesem Sinne sollten wir unsere inneren Landkarten doch öfter beiseite legen und Kommunikation als Abenteuer erleben.

Kriegsrhetorik in unserer Alltagssprache?

Du kennst sicher Redewendungen wie an vorderster Front kämpfenim Stich gelassen werdeneinen Schlachtplan haben oder dass wir von verhärteten Fronten“ sprechen.

Wenn wir uns bewusst oder unbewusst sprachlich im Krieg befinden, sind folgende 5 Auswirkungen wahrscheinlich.

1. Bedrohung führt zu Abwehrreaktionen

Die Verwendung von Kriegsrethorik kann zu erhöhtem Stress führen. Wenn ich davon ausgehe, dass ich von allen Seiten beschossen werde, kann dieses Denken zu Abwehrreaktionen führen. Wir fühlen uns bedroht und reagieren möglicherweise im Kampf- oder Fluchtmodus. Menschen neigen dazu, sich zu verschließen, zu lügen (Flucht) oder sich zu verteidigen und Vorwürfe zu machen (Kampf), was den konstruktiven Austausch erschwert. Wir beobachten dieses Phänomen häufig in Teamsitzungen, wenn gegeneinander „gekämpft“ wird, aber auch in anderen Zusammenhängen. Trotz all dieser Schwierigkeiten hilft der Grundsatz: Jedes Verhalten hat einen guten Grund.

Wenn wir nun mit dieser Annahme hinhören und versuchen, die „verbalen Kampfreaktionen“ des Gegenübers zu verstehen, verlieren sie an Bedrohlichkeit und gleichzeitig entspannen sich die Menschen, wenn sie gehört werden. Außerdem steigt die Bereitschaft des Gegenübers, auch mich zu hören, wenn ich vorher hingehört habe. Dieses Phänomen kann man z.B. sehr gut in meiner Videoanalyse von Obama im Kontakt mit einem Zwischenrufer beobachten – Hier geht’s zum Video.

2. Kategorisierung fördert Entmenschlichung

Kriegsrhetorik fördert einen entmenschlichenden Blick auf einzelne Menschen oder ganze Gruppen, indem sie Menschen in gut und böse, Freund und Feind kategorisiert. Dies führt zu einer Reduktion von Komplexität und schränkt die Empathie für andere massiv ein. Die eigene Bereitschaft, die Bedürfnisse und Motive schlechter oder böser Menschen zu verstehen, sinkt. Wir bauen Distanz auf und begegnen anderen mit einer abwertenden Haltung. Weil ich gut bin und du böse, ist eine der einfachsten Denkweisen, die leider noch nie zu Frieden geführt hat. Logisch, dass wir mit diesem Denken zum Gegenangriff übergehen oder die Flucht ergreifen.

Was wäre, wenn wir wieder in der Lage wären, die Schönheit in einem Menschen zu sehen, wenn er auf eine Art und Weise kommuniziert, die genau das am schwierigsten macht (Zitat von Rosenberg)?

Denn ein Feind ist jemand, dessen Geschichte wir noch nicht gehört haben (Zitat: Gene Knudsen-Hoffmann).

Buchtipp: Marshall Rosenberg: Die Sprache des Friedens sprechen – hier kaufen.

3. Misstrauen

Aussagen wie Ich werde von allen im Stich gelassen* verstärken das eigene Misstrauen. Misstrauen ist ein Gift, das die Basis für ein kooperatives Miteinander untergräbt. 

Unsere Urteile über andere können dazu führen, dass wir unseren eigenen Gedanken mehr vertrauen als unserem Gegenüber. Sobald wir jemanden z.B. als hinterhältig verurteilt haben, sorgt unser Misstrauen dafür, dass diese Zuschreibung zu einer sich selbst erfüllenden Prophezeiung* wird.

Im Umgang miteinander hilft deshalb folgendes Prinzip aus dem sam-concept: UVW tut weh. Es geht um Urteile, Vergleiche und Bewertungen. Statt in UVW zu verfallen, hilft das offene Gespräch miteinander, um die eigenen Gedanken zu beruhigen und die zwischenmenschlichen Bindungen und das Vertrauen zueinander zu stärken.

*Im Stich lassen: Eine Redensart aus dem Mittelalter. Wenn ein Ritter im Zweikampf am Boden lag und ihm niemand aufhalf, konnte er nicht mehr von alleine aufstehen und war sprichwörtlich „im Stich gelassen“ bzw. dem Stich des Gegners ausgeliefert (Quelle: https://www.geo.de/geolino/redewendungen/7743-rtkl-redewendung-im-stich-lassen).

Buchtipp: Paul Watzlawick „Wie wirklich ist die Wirklichkeit?“ – hier kaufen.

4. Strategische Manipulation

Kriegsrhetorik wird oft strategisch, aber auch unbewusst eingesetzt und manipuliert Meinungen. Das bewusste Erkennen und Entlarven von Kriegsrhetorik ist entscheidend, um ein offenes Miteinander zu bewahren. Im sam-concept habe ich hierzu ein wertvolles Wortspiel mitgenommen: Es gibt Mein-UNG und Dein-UNG. Das UNG steht hierbei für die individuelle Wahrheit. Statt darüber zu streiten, welches UNG nun das bessere ist, sollten wir darauf achten, dass das UNG einen Einblick in die Gefühls- und Bedürfniswelt unseres Gegenübers ermöglicht.

Wenn Dein UNG besagt, dass wir eine verweichlichte Gesellschaft sind, in der man nichts mehr sagen darf, dann steckt dahinter auch z.B. eine tiefe Frustration und die Sehnsucht nach mehr Leichtigkeit und/oder Orientierung. Es lohnt sich, auf die Bedürfnisse hinter den UNGs zu achten.

5. Gewinnen oder verlieren

Wenn ich ihm das jetzt durchgehen lasse, hat er gewonnen (…und ich verloren). – Kommt dir dieser Gedanke bekannt vor?

Ich würde hinzufügen: Hier ist kein Platz für Verlierer oder mit den Worten aus dem sam-concept: Niemand geht verloren. 

Denn dafür ist die Welt viel zu komplex und gemeinsame Herausforderungen erfordern kooperative Lösungen, bei denen alle gewinnen. Das ist der sogenannte Konsens. Dieser wird oft durch Kompromisse ersetzt, weil wir keine guten Konsenslösungen zu finden scheinen. Hier möchte ich zu Kreativität und Geduld ermutigen. Denn Kompromisse sind oft Ergebnisse, bei denen alle etwas verlieren. Ein Konsens ist das Ergebnis eines gemeinsamen Gestaltungsprozesses, der zu einem oder mehreren Ergebnissen geführt hat, bei denen alle gewonnen haben.

Mein Fazit:

Insgesamt kommt es darauf an, genau hinzuhören, bewusst oder unbewusst verwendete Kriegsrhetorik zu erkennen und sich aktiv für eine verbindende Kommunikation einzusetzen. Eine Sprache des Friedens kann Brücken bauen und den Grundstein für eine harmonischere Welt legen.

Ideen für eine friedliche Kommunikation finden sich z.B.

 

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Vorwürfe entschärfen

Kritik ermöglicht Gestaltung und Entwicklung. Es kann zwischen konstruktiver und destruktiver Kritik unterschieden werden, dabei beinhaltet jede Kritik immer auch eine Selbstoffenbarung.

Wenn wir die Selbstoffenbarung sehen, das Schöne in den Botschaften erkennen und davon überzeugt sind, dass Menschen in jedem Moment ihr Bestes geben, um ihre eigenen Bedürfnisse zu erfüllen, dann wäre es grundsätzlich leichter, mit Kritik umzugehen.

Außerdem liegt in der Kritik, auch wenn sie im ersten Moment unangenehm erscheint, viel Schönes: Jemand tritt mit mir in Kontakt, damit es im Miteinander schöner werden kann. Mein Gegenüber spricht mich direkt an und nicht über Umwege wie zum Beispiel Lästereien.

Wenn wir also Kritik weniger als Bedrohung und mehr als Geschenk sehen, dann wird es interessant.

Stell dir vor, dein Gegenüber macht dir ein Geschenk und du nimmst es nicht an. Wem gehört dann dieses Geschenk? Deinem Gegenüber natürlich.

Genauso ist es mit der Kritik. Jemand gibt Kritik und offenbart darin sein Problem. Wem gehört dieses Problem? Genau, deinem Gegenüber.

Unsere Aufgabe ist es also nicht, die Probleme des anderen zu unseren zu machen, sondern bereit zu sein, das Problem zu beachten und gemeinsam nach Möglichkeiten und Lösungen zu suchen.


Beispiel für den Umgang mit einem Vorwurf:

Du bist so unkollegial. Deine Arbeitshaltung geht gar nicht.

Zugegeben, bei diesem Satz würde man sicher erst einmal schlucken und durchatmen.

Wenn ich mir nun vorstelle, dass dieser „unangenehm“ formulierte Vorwurf eine Selbstoffenbarung beinhaltet und der (in diesem Moment unter Stress und Anspannung) bestmögliche Versuch meines Gegenübers ist, ein Bedürfnis zu erfüllen, dann sollte ich genauer hinhören und nachfragen. Denn wenn wir ehrlich sind, kann hinter diesem Vorwurf so ziemlich alles stecken.

Mit der folgenden W-Frage kann dieser Vorwurf auf eine sachliche Ebene gebracht werden:

Nachfragen: Was meinst du mit unkollegial?

Mögliche Antwort: „Du hast gesagt, dass du mir alle Informationen aus der letzten Teamsitzung zukommen lässt. Und jetzt höre ich, dass ihr noch viel mehr besprochen habt, worüber ich nicht informiert wurde“.

Jetzt sind wir beim Thema und miteinander verbunden. Wir verstehen besser und bekommen ein Gespür für die Gefühle und möglichen unerfüllten Bedürfnisse des anderen.

Ein Mangel an Information kann ein Mangel an Sicherheit bedeuten.

Ein Mangel an Informationsweitergabe kann auch einen Mangel an Verbindlichkeit und/oder Rücksichtnahme bedeuten.

All das können Bedürfnisse sein, über die wir das Miteinander gestalten und verändern können.

Ein Lösungsversuch:

Nachfrage: „Fehlt dir Sicherheit und Verbindlichkeit?”

Antwort: „Ja, natürlich.”

Bedauern und Nachfragen: „Das tut mir leid. Da sind mir ein offensichtlich Informationen durchgerutscht, da will ich in Zukunft besser aufpassen.

Mir fehlt nur eine Idee, wie wir das sicherstellen können. Hast du eine?”


Oder Bedauern mit LösungsideeDas tut mir leid. Ich schicke dir in Zukunft das ganze Protokoll, damit keine Informationen mehr untergehen. Oder hättest du andere Ideen?”


Weitere Ideen zum Umgang mit Vorwürfen und Konflikten findest du in meiner Online-Weiterbildung „Konfliktlöser:in“

Kritik, die verbindet.

Weit verbreitet ist die WWW-Kritik aus der Gewaltfreien Kommunikation. Dabei werden Wahrnehmung, Wirkung und Wunsch kommuniziert.

In der Praxis erweist sich diese Konfliktkommunikation oft als schwieriger als gedacht.

Ich habe für dich die Stolpersteine dieser Kritikformel analysiert und eine Idee eingefügt, mit der diese Kritikformel deutlich effektiver wird.

Die Stolpersteine:

Wenn die Wahrnehmung (das, was eine Kamera aufnehmen würde) neben der Beobachtung auch noch versteckte Vorwürfe, Be- oder Abwertungen enthält, dann passiert es schnell, dass unser Gegenüber in Abwehr, Rechtfertigung oder Ähnliches ausweicht. Hier greift das Prinzip UVW tut weh. Urteile, Vergleiche und Bewertungen sollten vermieden werden, um die Bereitschaft des Gegenübers zu erhalten und es nicht durch „Angriffe“ in den Gegenangriff oder in die Flucht zu treiben.

Wirkung: In diesem Bereich können wir unsere Gefühle und die damit verbundenen Bedürfnisse oder Werte mitteilen. Eine hochtrabende Sprache, die im Umgang miteinander nicht verwendet wird, wirkt hier abschreckend. Es ist hilfreich, Bedürfnisse in alltägliche Sätze zu übersetzen. Zum Beispiel könnte man statt dem

Bedürfnis „Authentizität“ (bei dem übrigens viele Menschen schon bei der Aussprache stolpern) sagen: „Ich will mich nicht verstellen, sondern echt bleiben. Es muss zu mir passen“.

Ein weiterer Stolperstein ist eine Pause nach dem Benennen des eigenen unerfüllten Bedürfnisses. So könnte mein Gegenüber in dem Bedürfnis selbst einen versteckten Vorwurf vermuten und zum Gegenangriff oder zur Flucht übergehen. Zur Flucht gehört meines Erachtens z.B. auch die Lüge. 

Es könnte sich z.B. folgender Dialog entwickeln

„Mir fehlt an dieser Stelle Rücksichtnahme.“

-Pause

„Ach, jetzt bin ich auch noch rücksichtslos?“

An dieser Stelle empfiehlt es sich, unser unerfülltes Bedürfnis direkt mit einem Wunsch zu verbinden.

Unklare Wünsche sind die häufigsten Ursachen für misslungene Kommunikation in Konflikten. Oft wünschen wir uns mehr Rücksichtnahme, sagen aber nicht, wie das konkret aussehen soll. Rücksichtnahme kann von Mensch zu Mensch unterschiedlich erlebt werden. Während für den einen einfachste Nachfragen Rücksichtnahme bedeutet, wünscht sich ein anderer, in Planungsprozesse einbezogen zu werden und eigene Ideen einbringen zu können.

Ein gelungener Wunsch beantwortet die folgenden W-Fragen:

Was wünsche ich mir?

Wie wünsche ich es mir?

Wann soll es passieren?

Wo soll es passieren?

Wer soll es tun?

Nachdem wir diese Stolpersteine überwunden haben, möchte ich nun eine Idee zur Veränderung der WWW-Kritik vorstellen. Die (W)HWW-Kritik. Das H steht dabei für Hinhören. Bevor wir also unser Gegenüber mit unseren Gefühlen, Bedürfnissen und Wünschen konfrontieren, halte ich es für ratsam, das Verhalten des Gegenübers verstehen zu wollen.

Marshall Rosenberg teilte seine Erkenntnis sinngemäß wie folgt mit: Menschen, die gehört wurden, sind bereit, anderen zuzuhören. Dies erscheint mir an dieser Stelle grundlegend und wirkt im Miteinander deutlich verbindender

Befinde ich mich direkt in einer Situation, in der ich mit meinem Gegenüber das aktuelle Verhalten verändern möchte, dann brauche ich an dieser Stelle nicht unbedingt meine Wahrnehmung zu schildern, sondern kann direkt hinhören und nachfragen. 

Dies kann z.B. durch eine W-Frage geschehen, z.B. “Was meinst du mit…?“ oder „Wie meinst du das?“.

Wenn ich mich zu einem späteren Zeitpunkt auf eine Situation beziehe, ist es jedoch wichtig, die eigene Wahrnehmung kurz zu schildern, damit mein Gegenüber verstehen kann, worum es mir gerade geht und ganz Nebenbei erfüllen wir dadurch schon die Bedürfnisse nach Klarheit, Vorhersehbarkeit, Sicherheit und Orientierung.

Durch Zuhören und Nachfragen (außer wieso, weshalb und warum denn das macht oft stumm) ermöglichen wir uns selbst einen Perspektivenwechsel, geben allen Beteiligten Zeit zum Durchatmen, so dass niemand vorschnell (über)reagieren muss und verändern dadurch sogar unser emotionales Erleben, das in der Regel aus einer Mischung von eigenen Gedanken über andere und eigenen Bedürfnissen entstanden ist. Unser Bedürfnis wird wahrscheinlich dasselbe bleiben, aber durch Zuhören und Verstehen (der Gedanken, Gefühle und Bedürfnisse unseres Gegenübers) können sich unsere eigenen Gefühle beruhigen.

Nach dem Zuhören können wir unseren Wunsch aus unserem Bedürfnis heraus formulieren und dabei nun auch das Bedürfnis unseres Gegenübers berücksichtigen. Das erhöht die Chance, eine Lösung zu finden, mit der alle einverstanden sind.

Wenn mein Gegenüber nicht bereit ist, meinem Wunsch zu folgen, gibt es immer noch die Möglichkeit, nach besseren Ideen zu fragen, die alle Bedürfnisse berücksichtigen. An dieser Stelle gestalten/verhandeln wir gemeinsam Strategien, die wichtige Bedürfnisse erfüllen und gleichzeitig andere wichtige Bedürfnisse berücksichtigen.

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