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inner_child_Caroline Lee

Kritik, die verbindet.

Weit verbreitet ist die WWW-Kritik aus der Gewaltfreien Kommunikation. Dabei werden Wahrnehmung, Wirkung und Wunsch kommuniziert.

In der Praxis erweist sich diese Konfliktkommunikation oft als schwieriger als gedacht.

Ich habe für dich die Stolpersteine dieser Kritikformel analysiert und eine Idee eingefügt, mit der diese Kritikformel deutlich effektiver wird.

Die Stolpersteine:

Wenn die Wahrnehmung (das, was eine Kamera aufnehmen würde) neben der Beobachtung auch noch versteckte Vorwürfe, Be- oder Abwertungen enthält, dann passiert es schnell, dass unser Gegenüber in Abwehr, Rechtfertigung oder Ähnliches ausweicht. Hier greift das Prinzip UVW tut weh. Urteile, Vergleiche und Bewertungen sollten vermieden werden, um die Bereitschaft des Gegenübers zu erhalten und es nicht durch „Angriffe“ in den Gegenangriff oder in die Flucht zu treiben.

Wirkung: In diesem Bereich können wir unsere Gefühle und die damit verbundenen Bedürfnisse oder Werte mitteilen. Eine hochtrabende Sprache, die im Umgang miteinander nicht verwendet wird, wirkt hier abschreckend. Es ist hilfreich, Bedürfnisse in alltägliche Sätze zu übersetzen. Zum Beispiel könnte man statt dem

Bedürfnis „Authentizität“ (bei dem übrigens viele Menschen schon bei der Aussprache stolpern) sagen: „Ich will mich nicht verstellen, sondern echt bleiben. Es muss zu mir passen“.

Ein weiterer Stolperstein ist eine Pause nach dem Benennen des eigenen unerfüllten Bedürfnisses. So könnte mein Gegenüber in dem Bedürfnis selbst einen versteckten Vorwurf vermuten und zum Gegenangriff oder zur Flucht übergehen. Zur Flucht gehört meines Erachtens z.B. auch die Lüge. 

Es könnte sich z.B. folgender Dialog entwickeln

„Mir fehlt an dieser Stelle Rücksichtnahme.“

-Pause

„Ach, jetzt bin ich auch noch rücksichtslos?“

An dieser Stelle empfiehlt es sich, unser unerfülltes Bedürfnis direkt mit einem Wunsch zu verbinden.

Unklare Wünsche sind die häufigsten Ursachen für misslungene Kommunikation in Konflikten. Oft wünschen wir uns mehr Rücksichtnahme, sagen aber nicht, wie das konkret aussehen soll. Rücksichtnahme kann von Mensch zu Mensch unterschiedlich erlebt werden. Während für den einen einfachste Nachfragen Rücksichtnahme bedeutet, wünscht sich ein anderer, in Planungsprozesse einbezogen zu werden und eigene Ideen einbringen zu können.

Ein gelungener Wunsch beantwortet die folgenden W-Fragen:

Was wünsche ich mir?

Wie wünsche ich es mir?

Wann soll es passieren?

Wo soll es passieren?

Wer soll es tun?

Nachdem wir diese Stolpersteine überwunden haben, möchte ich nun eine Idee zur Veränderung der WWW-Kritik vorstellen. Die (W)HWW-Kritik. Das H steht dabei für Hinhören. Bevor wir also unser Gegenüber mit unseren Gefühlen, Bedürfnissen und Wünschen konfrontieren, halte ich es für ratsam, das Verhalten des Gegenübers verstehen zu wollen.

Marshall Rosenberg teilte seine Erkenntnis sinngemäß wie folgt mit: Menschen, die gehört wurden, sind bereit, anderen zuzuhören. Dies erscheint mir an dieser Stelle grundlegend und wirkt im Miteinander deutlich verbindender

Befinde ich mich direkt in einer Situation, in der ich mit meinem Gegenüber das aktuelle Verhalten verändern möchte, dann brauche ich an dieser Stelle nicht unbedingt meine Wahrnehmung zu schildern, sondern kann direkt hinhören und nachfragen. 

Dies kann z.B. durch eine W-Frage geschehen, z.B. “Was meinst du mit…?“ oder „Wie meinst du das?“.

Wenn ich mich zu einem späteren Zeitpunkt auf eine Situation beziehe, ist es jedoch wichtig, die eigene Wahrnehmung kurz zu schildern, damit mein Gegenüber verstehen kann, worum es mir gerade geht und ganz Nebenbei erfüllen wir dadurch schon die Bedürfnisse nach Klarheit, Vorhersehbarkeit, Sicherheit und Orientierung.

Durch Zuhören und Nachfragen (außer wieso, weshalb und warum denn das macht oft stumm) ermöglichen wir uns selbst einen Perspektivenwechsel, geben allen Beteiligten Zeit zum Durchatmen, so dass niemand vorschnell (über)reagieren muss und verändern dadurch sogar unser emotionales Erleben, das in der Regel aus einer Mischung von eigenen Gedanken über andere und eigenen Bedürfnissen entstanden ist. Unser Bedürfnis wird wahrscheinlich dasselbe bleiben, aber durch Zuhören und Verstehen (der Gedanken, Gefühle und Bedürfnisse unseres Gegenübers) können sich unsere eigenen Gefühle beruhigen.

Nach dem Zuhören können wir unseren Wunsch aus unserem Bedürfnis heraus formulieren und dabei nun auch das Bedürfnis unseres Gegenübers berücksichtigen. Das erhöht die Chance, eine Lösung zu finden, mit der alle einverstanden sind.

Wenn mein Gegenüber nicht bereit ist, meinem Wunsch zu folgen, gibt es immer noch die Möglichkeit, nach besseren Ideen zu fragen, die alle Bedürfnisse berücksichtigen. An dieser Stelle gestalten/verhandeln wir gemeinsam Strategien, die wichtige Bedürfnisse erfüllen und gleichzeitig andere wichtige Bedürfnisse berücksichtigen.

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